Mein großer Wunsch war es schon seit langem, einen eigenen Garten zu haben, in dem ich unser Gemüse selbst anbauen kann. Heute erzähle ich euch vom ersten ganzen Jahr in meiner eigenen grünen Oase.
Selbstangebautes Gemüse und Selbstversorgung spielten in meinem Leben schon immer eine Rolle. Meine Großeltern, heimatvertriebene Schlesier*innen, hatten einen alten Resthof, den sie bewirtschaften durften. Opa hielt dort Tauben, Kaninchen und Hühner, baute jedes Jahr Gemüse und Obst an, das meine Oma zuhause verarbeitete.
Wenn ich an Oma denke, sehe ich sie mit einem großen Bottich auf dem Schoß Erbsen schälen, ich sehe sie ein Huhn rupfen und auf dem alten Holzofen in großen Gläsern Marmeladen und Kompott einkochen.
Meine Mama führte diese Tradition weiter. Eine der eindrücklichsten Erinnerungen aus unserem eigenen Garten ist der Tag, an dem wir unglaublich viel ernten konnten – Gurken, Tomaten, Karotten. Wir nahmen uns einen Gartentisch und spielten dort gefühlt stundenlang Wochenmarkt.
Aber auch sonst erinnere ich mich an nackte Zehen, die sich in feuchte Erde bohren, an Regenwürmer, an diese eine Hummel, die mich gebissen hat und daran, wie süß die ersten Erdbeeren des Jahres schmeckten und dass es zu meinem Geburtstag Ende Juni schon immer den ersten Biskuitboden mit Sahne und Johannisbeeren gab.
Garten schafft Verbindung
Ein Garten schafft Verbindung. Zur Natur und ihren Insekten, zum Essen, das immer besser schmeckt, wenn man es selbst geerntet hat und zu den Menschen, mit denen man ihn bewirtschaftet.
Mir war es unglaublich wichtig, meinen Kindern diese Verbindung weiterzugeben, mit meinem Sohn in der Erde zu graben, dass er erkennt, was da wächst, schmeckt, was wir ernten und weiß, wie und woher das kommt, was auf unseren Tellern liegt.
Im ersten ganzen Jahr meines Gartens (ganz grob von Juli 2020 bis Juli 2021) haben wir den ersten Grundstein hierfür gelegt. Das Jahr 2020 war wenig vom Ernten geprägt, da einfach nichts wuchs, außer Gras, Pestwurz, Knöterich und Schilf. Unser Garten erinnerte eher an eine Wüste, kaum etwas blühte.
Am meisten weh tat mir die Abwesenheit der Vögel im Garten. Insekten gab es, dank ein paar Stücken Totholzes, in und unter dem Ameisen, Ohrenkneifer und Kellerasseln hausten. Auch Regenwürmer fanden wir – ein wunderbares Zeichen für fruchtbaren Boden dachte ich und behielt Recht.
Aber da waren keine Vögel. Wir hängten ein Vogelhaus auf, niemand fraß etwas. Die Sonnenblumenkerne lagen jeden Tag noch so unberührt da wie am Tag zuvor. Es brach mir das Herz, denn ich liebe Gartenvögel. Überall, wo wir bisher gewohnt haben, gab es viele von ihnen. Besonders zu Eichelhähern habe ich seit unseren letzten beiden Wohnungen eine besondere Beziehung. Denn überall, wo ich bin, tauchen sie auf.
Außer hier.
Eine kleine Anekdote: 2016 spazierte ich mit einer lieben Freundin, die meine Mutter sein könnte, entlang eines kleinen Kanals in Südengland. Plötzlich flatterten über uns Eichelhäher hinweg, erst einer, dann ein weiterer. Meine Freundin blieb mit offenem Mund stehen. Als ich bekundete, wie sehr ich diese Vögel liebte, sagte sie perplex, dass sie seit ihrer Kindheit in Yorkshire im Norden Englands keine Eichelhäher mehr gesehen hatte.
Die Zeichen stehen gut, die Vögel kehren zurück
Als eine der ersten „Amtshandlungen“ habe ich beschlossen, Sitzplätze für die Vögel zu schaffen – das war schon dank unseres neuen hohen Holzzaunes leichter. Wir stellten Stöcke auf, ich ließ ausnahmsweise den Knöterich stehen, damit er mit seinem Dickicht meine gefiederten Freunde anlockt.
Als erstes kamen die Hausrotschwänze. Ich kannte sie vorher nicht, aber es gibt so viele hier. Sie sind die ersten, die am Zaun ankommen, wenn ich umgrabe. Besonders toll finden sie es, wenn ich einen Stein umdrehe und Ameisen entdecke. Immer und immer wieder tauchen sie über den Ameisenhaufen hinab um sich zu bedienen.
Hilfreich fand ich hier dieses Buch, das mir bei der Bestimmung der Vögel im Garten hilft: Welcher Gartenvogel ist das?
Amseln und Spatzen waren die nächsten, inzwischen sind auch ab und an Ringeltauben zu Besuch. Nur auf die Häher warte ich noch, aber ich bin sicher, sie kommen wieder. Ich habe Geduld.
Für die Insekten habe ich einige Rückzugsorte geschaffen. Neben dem Komposthaufen findet sich eine Ziegelschüttung, es gibt eine Totholzhecke und wilde Ecken. Ich bin ganz offen gesagt nicht der größte Fan, vor allem von Spinnen, aber weiß natürlich, wie wertvoll und schützenswert sie sind, also gebe ich das an meine Kinder so weiter.
Wir ernten, was wir säen
Und manchmal auch das, was wir nie gesät haben. So finde ich momentan an allen Ecken und Enden Borretsch – den hatte ich definitiv letztes Jahr nicht im Garten. In diesem Jahr bekam mein Sohn zu Ostern deutlich weniger Süßes; dafür lagen im Nest zwei Tütchen mit Saatgut. Eine mit Bienenweide und eine mit Erbsen, Radieschen und Zwergsonnenblumen.
Ich gestehe, ich habe unterschätzt, wie gut unser Boden ist und habe etwas pessimistisch (also viel zu dicht) gesät. Das war eines meiner wichtigsten Learnings, im nächsten Jahr muss ich die Samen sparsamer ausbringen.
Wir hatten Radieschen ohne Ende, eine Spinathecke und unzählige Sonnenblumen (hier haben auch die verschmähten Kerne des Winters noch eine Verwendung gefunden). Und auch die Erbsen wucherten, einen Teil haben wir gleich so genascht und 1,5kg reine Erbsen eingefroren.
Gerade haben wir auch unseren Mangold abgeerntet, die rote Bete wird jetzt gerade reif und die Zucchinipflanzen produzieren am laufenden Band. Die Bienenweide bringt unzählige Wildbienen- und Hummelarten in unsere Beete, es ist eine Freude, zuzusehen.
Hier habe ich auch schon geerntet und zwar Ringelblumensamen und als nächstes sind dann Kornblumen dran. Ich bin dankbar, dass meine Kinder diese Blumen sehen, bei all dem Spritzmittel gibt es in den Feldern draußen ja kaum noch welche.
Generationenübergreifendes Wissen
Eine der schönsten Erfahrungen des Gartelns ist es, einerseits mein Wissen zu mehren und andererseits auch ganz viel weitergeben zu können.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel ich so zu erzählen habe im Garten. Ob wir über Tomatenpflanzen sprechen, wir Umgraben, Säen, Ernten, Tiere beobachten. Und ich hoffe, dass mein Sohn und meine Tochter dieses Wissen eines Tages auch weitergeben werden, ein bisschen von Uropa Rudi und Uroma Frieda, ein bisschen von Oma Karin und Mama Andrea bleibt.
Als Freilernerin Mensch ist natürlich auch in mir immer mehr Platz für neues Wissen. Kürzlich habe ich ein „Unkraut“, über das ich mich geärgert habe, weil es alles überwuchert, bestimmt. Ich nutze hierfür momentan gerne eine App namens PlantLife. Dabei stellte ich fest, dass es sich um Vogelmiere handelt, der Name war mir geläufig, die Optik nicht. Jetzt landet das Kraut gerne mal in unserem Salat und es schmeckt köstlich, fast wie Rucola.
Besonders stolz war ich erst vor wenigen Tagen, als wir der anderen Oma zum ersten Mal unseren Garten zeigten und mein Sohn stolz sagte: Schau mal Oma, hier ist Spitzwegerich, daraus kann man einen tollen Tee gegen Husten machen! Mein Mamaherz lief fast über.
Ganz wichtig hier, immer sicherstellen, dass die Wildkräuter essbar sind und es sich um die Kräuter handelt, die Du erwartest. Ich nutze dieses Buch, das Internet und mein bereits vorhandenes Kräuterwissen, dass ich bei einer Kräuterwanderung und durch meine Familie erworben habe.
Hier findest Du ein gutes Buch zum Thema: Essbare Wildkräuter und ihre giftigen Doppelgänger: Wildkräuter sammeln – aber richtig
Für dieses Gartenjahr war es das bei uns schon fast mit der Ernte, denn ich habe nicht (weiter)geplant. Derzeit beschäftige ich mich intensiv damit, wie es mir gelingt, nächstes Jahr eine Fruchtfolge zu haben, so, dass es immer etwas zu ernten gibt und Beete nicht brachliegen.
Ganz besonders gefallen mir die Videos von Huw Richards, einem jungen Waliser, der zum Thema Selbstversorgung und Permakultur auch schon Bücher geschrieben hat.
Hier geht es zur englischen Version und hier findet ihr die deutsche Übersetzung seines Buchs zum Anbau in Hochbeeten.
Zudem gibt es noch das Buch „Grow food for free“ von ihm, das ich mir unbedingt noch vor dem Herbst zulegen möchte.
Mein großes Vorbild auf dem Weg zur Permakultur ist die Allgäuer Bildhauerin Lucia Hiemer und ihr traumhafter Permakultur-Garten. Wer sie noch nicht kennt, findet auf ihrer Website mehr Informationen zu ihr (und ihrer großartigen Arbeit). Und auch der Bayerische Rundfunk hat bereits mehrere Beiträge über sie, ihr Leben und ihren Garten veröffentlicht – unbedingt anschauen.
Bis mein Garten und ich so weit sind, ist es noch ein weiter Weg, aber ich kann das nächste Jahr in meinem eigenen grünen Kleinod kaum erwarten!
Hier habe ich noch ein paar Fotos für euch aus unserem Garten. Eines zeigt mein Blumenbeet vorher, der Baum ist inzwischen gefällt. Den Metallzaun zu unseren Nachbarn lasse ich mit einer Ramblerrose und zwei Clematis beranken, da freue ich mich schon sehr sehr darauf, wenn die drei sich ausbreiten und nächstes Jahr hoffentlich in voller Blüte stehen.
Und auf mein Apfelbäumchen bin ich auch sehr stolz, das ist ein 5,99€ Baum aus dem Rausverkauf und er trägt dieses Jahr schon drei Äpfel – go Bäumchen.
In meiner Kiste sind leider die fast 2kg Erbsen nicht zu sehen unter all dem Mangold, der Petersilie und der roten Bete. Zwei Zucchini verstecken sich da auch noch.
Foto: Jonathan Hanna on Unsplash
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