Mach Dich bereit für eine Beichte: ich liebe die Serie „Schnäppchenhäuser“. Weniger deshalb, weil die Darsteller ständig in Fettnäpfchen treten. Auch nicht für die chauvinistischen Aussagen vieler Bauherren (ne ernsthaft, können wir darüber mal reden, RTL2?).
Nein, ich liebe es, zu sehen, wie aus einem alten Haus und 3000€ Budget was richtig cooles entsteht. Würde ich alles genauso umsetzen? Nö. Stümpern manche meiner Meinung nach? Aber hallo. Trotzdem finde ich immer etwas, das ich mag. Und oft nehmen wir für unsere eigene Altbausanierung tatsächlich etwas mit.
„Das Blau gefällt mir aber gar nicht“
Heute möchte ich über einen Satz sprechen, der so oder so ähnlich in beinahe jeder Folge fällt. Das Paar kommt in einen Raum, der superhelle Südfenster, ein tolles Layout und viel Potenzial hat und dann sagt einer sowas wie „Boah, also das Blau an der Wand geht ja gaaar nicht!“
Und ich will sie einfach nur schütteln! Denn viel zu viele Hauskäufer in spe geben zu viel auf die Kosmetik und leider gerne mal viel zu wenig auf das Skelett ihres Hauses. Im positiven wie negativen Sinn.
Da wird über das schöne großzügige Erdgeschoss geredet und welche Deckchen man auf den Küchenblock (der muss einfach) platzieren will, während einem oben der Hausschwamm das Dachgeschoss vernichtet hat. Da wachsen Pilze aus der Wand, aber es wird erstmal der alte Kachelofen abgerissen, weil iih grüne Fliesen! Ganz zu schweigen von den Wänden, die obligatorisch abgerissen werden müssen.
Gleichzeitig wird ein gutes Haus mit passendem Grundriss und wundervollem Grund nicht gekauft, dafür aber das „niedliche“ im schlechteren Zustand, weil der Nachbar fünf Höfe weiter einen Hühnerstall hat und man das, Gott bewahre, ja riechen könnte. Warum genau man sich dann für’s Leben auf dem Land entscheidet, lasse ich hier dahingestellt.
Die Optik eines Hauses: zu vernachlässigen
Wie? Ja, genau, das ist ein Holzfenster, aus dem ich mich hier mal weit rauslehne. Es ist erst einmal Jacke wie Hose, wie euer zukünftiges Haus aussieht. Die Vorbesitzer oder -mieter können bonbonpinke Wände mit schwarzen Zebrastreifen tapeziert haben. Es können sich alte Linoleumböden im Haus befinden, ein anderer in jedem Zimmer versteht sich. Ihr könnt schreckliche Gardinen, Zierleisten und Wandpaneele finden (wie ich sie hasse!). Aber all das ist KOSMETIK.
Paneele lassen sich unter viel Fluchen abnehmen, über Linoleum kann man hervorragend andere Böden legen und Wandfarben lassen sich überstreichen. Ich weiß! Völlig neues Konzept!
Als wir in unser Haus kamen, gab es dort beigen Linoleum. In jedem Raum fanden wir eine andere Tapete. (Du hast ein altes Haus gekauft? Glaub mir, Du willst den Wagner W16 Tapetendampfablöser.). Es gab (und gibt immer noch) unglaublich hässliche Wandpaneele, von denen wir die ekligsten schon herausgerissen haben. In allen Räumen lagen verschiedene Linoleumböden in unterschiedlichen Mustern.
Aber das Haus hat einfach „good bones“. Das Skelett stimmt. Es hatte eine Zentralheizung, die, entgegen unserer Erwartung, für die Beheizung aller 3 Stockwerke ausgelegt ist. Sprich, momentan hält sie uns im 1. OG mollig warm, mittelfristig werden wir mit ihr auch EG und das Dach heizen können. Die Zimmeraufteilung könnte besser sein, aber es ist alles da.
Wir haben Gewerbefläche, Nutzfläche, ein schönes Grundstück, die Lage passt und wir wussten dank der Begehung mit dem Bausachverständigen unseres Vertrauens ganz genau, welche Überraschungen auf uns warten – oder eben auch nicht. Kein verdeckter Schimmel, kein Hausschwamm oder sonstige gravierende Mängel überraschten uns nach dem Kauf, lediglich Hürden kosmetischer Natur. (Außer natürlich in den Bereichen, die wir kernsanieren müssen, aber auch das war uns vorher klar).
Unser Appell an euch
Fokussiert euch bei der Suche nach eurem Haus auf das, was wirklich zählt und das, was richtig ins Geld geht. Die paar Liter Kalkfarbe, eine abgerissene Wandverkleidung oder ein neuer Laminatboden sind machbar. Schaut, dass das Gerüst für euch passt und euer Haus so viele Boxen wie möglich auf eurer Checkliste erfüllt.
Kauft nicht nur aus dem Bauch heraus, schaltet den Kopf mit ein. Und eine*n Baugutachter*in. Ernsthaft! Ihr wollt eine Vertrauensperson, die euch keinen Bullshit erzählt, niemanden, den der Makler oder Verkäufer einschaltet.
Ihr wollt den Menschen, der in Strauss Hose ankommt und so aussieht, als hätte er einen Rohbau schon mal von innen gesehen und nicht immer nur im Anzug hinter dem Zaun gestanden und Sprüche geklopft. Der euch im Klartext sagt, wie es um das Haus steht. Honig schmieren können die anderen, aber der nicht. Auch, wenn euch das nicht gefällt, was er sagt.
Bittet um eine Hausnummer für jeden Posten. Diese Menschen sprechen fließend Baustelle und können euch sehr präzise Kostenschätzungen geben. Wenn ich auf meine Notizen aus dem Gespräch zurückschaue, stimmt es fast 1:1. An den Stellen, an denen wir abweichen, ist das weil wir uns für andere Optionen entschieden haben oder ein unvorhergesehener Posten dazukommt.
Bei der Elektrik war das der Fall, wir brauchen eine neue Erdung, das hat sich erst im Laufe herausgestellt. Wir liegen bei nem knappen Tausender mehr als veranschlagt. Bei der Innnenfarbe zB, wo wir keine fancy Dispersionsanstriche oder Tapeten (nur über unsere Leichen) gewählt haben, konnten wir so etwa 80% der „Hausnummer“ einsparen.
Am besten googelt ihr einfach mal nach einem Bausachverständigen/ Baugutachter in eurer Gegend oder fragt mal Menschen aus eurem Umfeld, die sicherlich jemanden kennen, der jemanden kennt.
Es. Lohnt. Sich.
Ach übrigens: Sich nicht vom Aussehen ablenken zu lassen, gilt auch in die andere Richtung. Als Laie kann man unmöglich einschätzen, wie es tatsächlich um ein Haus steht. Man neigt dazu, sich von charmanten Details blenden zu lassen und über die großen Brocken hinwegzusehen. Oder sie gar nicht wahrzunehmen, weil man nicht weiß, wonach man sucht.
Mir ist ein Fall bekannt, in dem ein Hobbyhandwerker bei der Besichtigung zu Rate gezogen wurde. Der fand das Haus toll. Die junge Familie kaufte es und fand dann kurz nach Beginn der Sanierung einen Hausschwamm. Die Folge: ein abgerissenes und neu aufgebautes Dachgeschoss und unerwartete Kosten im 5-stelligen Bereich.

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